Zugegeben, zunaechst war ich echt deprimiert, dass man mir gekuendigt hat. Aber bei Licht betrachtet muss man es einfach mit Humor nehmen, wenn auch das Arbeitslosengeld bei weitem nicht ausreichen wird, meine vierkoepfige Familie zu ernaehren.
Doch von vorne: Erster Fehler war, dass ich heute zuerst bei der Psychotherapeutin war und dann bei meinem Chef. Andersherum waere es sinniger gewesen, aber hinterher ist man ja immer schlauer.
Ich geh also mit Kollege -dm in die Kaffeekueche und warte auf das Eintreffen unseres Chefs. Smalltalk ueber meinen Gesundheitszustand etc. Ploetzlich steht Mohi in der Tuere und begruesst mich ueberschwenglich.
Da war schon alles gelaufen und ich wusste Bescheid. Da ich Mohi seit knapp fuenf Jahren nicht mehr gesehen hatte und mit ihm nur noch einen losen e-Mail-Kontakt unterhielt, konnte seine ploetzliche Anwesenheit einerseits, und die Tatsache, dass er von meinem bisherigen Arbeitsplatz ruebergewatschelt kam andererseite, nur bedeuten, dass er jetzt meinen Job macht. -dm hat ihn vermutlich ins sinkende Boot geholt, nachdem das Projekt – dank des Unfalls, der mir widerfahren ist – stockte.
Der Laden ist ueberschaubar klein (Chef, drei feste Mitarbeiter und ein freier, ein Lehrling und zwei Halbtagskraefte). Wenn da statt mir ein anderer an meinem Arbeitsplatz sitzt, bleibt eigentlich kaum noch Spielraum fuer Spekulationen.
Insofern haette sich der Boss dann spaeter auch das ganze Geleiere von wegen wirtschaftlicher Notwendigkeiten und das restliche Blahfasel sparen koennen.
Ich hatte schon immer den Verdacht, dass dieses Projekt mit Pauken und Trompeten an die Wand gefahren wird und dem lieben Mohi kann ich nur wuenschen, dass er heil aus der Nummer rauskommt.
Ich bin eigentlich nur traurig, dass ich das unruehmliche Ende dieses Projektes nicht live miterleben darf. Klar, mit ein wenig Glueck haelt mich der Mohi auf dem Laufenden. Ich bin ihm nicht boese, er hat auch eine Familie zu ernaehren.
Doch zurueck zu diesem sagenhaften Projekt; dort wurden alle Fehler, die man in der Leitung eines Projektes machen kann, realisiert und zwar gleichzeitig.
+Pflichtenheft, Lastenheft nicht vorhanden.
+Detailvorgaben: punktuell als Bleistiftskizze zu ‘Spezialproblemen’
+Dokumentation: Stellenweise existent zu kritischen Bereichen (2-4%), aber nie up to date
+Projektmanagement: Chef bespricht was mit dem Kunden und erklaert es Dir dann hinterher bei ner Zigarette in der Kaffeekueche
+Aufgabe: mandantenfaehige Warenwirtschaft mit Fakturierung, Lager- und Bestellwesen mehrwaehrungsfaehig, mehrsprachig, und fuer die einzelnen Mandanten/Filialen auch in der jew. Landessprache (wie chinesisch)
+Wunschdenken: Zertifizierung oder TUeV-Pruefung fuer die Software
+Fertig: gestern ROFLASC
Man koennte sicherlich die eine oder andere Diplomarbeit damit fuellen, wenn man in der Lage waere, projektbegleitend eine Studie zu machen, wie eigentlich so eine Software entsteht, die das Verschieben von Pharmazeutischen Artikeln ueber den ganzen Globus (Volumen: etwa eine halbe Milliarde Euronen p.a.) kontrolliert. Anhand der Studie koennte man wunderbar alle Fehler herausarbeiten, die man im Projektmanagement machen kann.
Naja, der Mohi wird das schon hinbekommen. Vermutlich arbeitet er fuer noch weniger Geld, als ich. Denn die Zeiten sind hart. Dr. Mohammed XXXXXXXXX ist immerhin arabischer Abstammung und will bestimmt nicht auffallen. Da heutzutage ja schon jeder EU-Buerger mehr oder weniger komplett ueberwacht und unter Generalverdacht gestellt wird, mag man sich ja kaum vorstellen, wie man sich da fuehlt, wenn man bspw. aus einem arabischen Land herkomt. Da faellt mir noch eine Anekdote ein: 2001/2002 habe ich einen Mitarbeiter per GreenCard aus Rumaenien geholt. Ich hab ihm geholfen, hier den Papierkram zu bewaeltigen und der Typ war es wert. Der war sehr gut! Allerdings habe ich auch einige Schoten auf den Aemtern mitbekomen, wo ich tatsaechlich dachte, ‘der Typ haut ab. Jetzt geht er lieber nach USA.’
Die haben den Kollegen dermassen schikaniert, dass ich heute weiss: Wer nach Deutschland kommt um hier zu arbieten ist ein Masochist.
Okay, ich werd nun ebenfalls die uebliche Behoerdentour hinter mich bringen und bei der Agentur fuer Arbeit Formulare ausfuellen …
Der FDP-Generalsekretaer Dirk Niebel ist uebrigens fuer die Abschaffung dieses Ladens (Arbeitsamt). Aber die FDP ist
a) schon ziemlich lange in der Opposition
b) auch nicht mehr das, was sie mal war
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-m*sh-
man, vollidioten. keine guten nachrichten.
ab zum arbeitsgericht. so einfach geht das
mit dem kündigen doch auch nicht oder? weiss
nicht, war immer freiberuflich. scheint
auch eine merkwürdige geschäftsführung ab-
zulaufen. ich zweifel an der kompetenz deines
ex-chefs. irgendwie. komisch auch, dass schon
einer an deinem schreibtisch sass, dann ist
das bereits eine länger geplante geschichte
gewesen. miese nummer und auf jeden fall:
VIEL GLÜCK! und das du dich nicht unterkriegen
lässt. ich drück dir die daumen, dass du schnell
einen guten job findest. hast recht, die joblage
ist überall beschXXXen. ich such auch noch nach
einer marktlücke…
LG, angie_w
Arbeitsgericht ist nicht. Der Boss kuendigt mir voll im legalen Rahmen. Aber mein Anwalt wird sich trotzdem damit auseinandersetzen muessen. Denn die Unfallverursacherin, der ich das ganze Dilemma zu verdanken habe, wird (zusaetzlich zum Schmerzensgeld) auch noch die Differenz zwischen Arbeitslosengeld und Nettogehalt zahlen muessen. die Frage ist schlicht, wie lange…
Ja, ja suchen tun wir doch alle…
-m*sh-