Wenn es um Geld geht, wird mit harten Bandagen gekämpft. Das gilt nicht nur für die Tour de France, die Deutsche Bank oder andere Grossunternehmen, sondern auch bei den Kleinen.
Ein Beispiel erwähnte Jules gestern in seinem Blog (welches nicht mehr verfügbar ist). Es erinnerte mich an eine äusserst hässliche Geschichte, die mir selbst widerfahren ist.


In den frühen Neunzigerjahren hatte ich mich mit einem kleinen Unternehmen Selbständig gemacht, das Hard- und Software sowie Beratungsleistungen und Netzwerkinstallationen verkaufte. Eine Software, die ich für Immobiliendienstleister geschrieben hatte, war mein wichtigstes Standbein. Darüber hinaus erhielt ich von zwei Unternehmen Aufträge die das Erstellen und Übersetzen technischer Dokumentationen beinhalteten. Obwohl mir diese Tätigkeit Spass machte, war sie nicht sonderlich gut bezahlt und ich benutzte die Aufträge in erster Linie als ‘Lückenfüller’, wenn gerade nichts Lukrativeres anstand.
Im Herbst 1995 erlebte mein kleines Unternehmen eine mehrmonatige Flaute, so dass ich wirtschaftlich fast ausschliesslich auf die Dokumentationen angewiesen war, die ich im Auftrag für die Firma Pearl schrieb.

Ein permenenter Streitpunkt mit der Firma Pearl war die Entlohnung, die ich für die geleistete Arbeit erhielt. Da ich jedoch nicht der einzige Freiberufler war, der diesbezüglich für Pearl arbeitete, argumentierte man mir gegenüber stereotyp, dass die Anderen ja auch nicht mehr als den mickrigen Haustarif erhielten.
Nichtsdestotrotz habe ich durch meine Leistungen nicht nur den damals zuständigen Produktmanager bei Pearl beeindrucken können, sondern auch den für die Dokumentationen zuständigen Doktor der Germanistik, der alle Texte redigierte, bevor sie in Druck gingen. Der war naemlich mit meiner Arbeit dermassen zufrieden, dass er meine Texte gar nicht mehr Korrekturlesen musste oder wollte.

So kamen wir eines Tages überein, dass ich direkt von zuhause aus meine fertigen Manuskripte (inkl. Layout und Trallalla) per Modem auf die Druckmaschine bei der Druckerei sende, wo sie dann direkt in Druck gingen. Das ersparte sowohl mir als auch der Firma Pearl einiges an Zeit und unnötigem Overhead. Im Gegenzug erhielt ich statt mehr Geld ‘Naturalien’. In diesem Falle waren das Modems, Schnittstellenkarten, CD-Player und anderes Computerzubehör, das ich dann wiederum an meine anderen Kunden verkaufen konnte. Unterm Strich kam ich so auf einen akzeptablen Stundenlohn und steigerte daher das Auftragskontingent von Pearl, da Ende 1995 der andere Auftraggeber für Übersetzungen seine Geschäftstätigkeit nach Ostasien verlagerte.

Während der Zeit in der ich für Pearl tätig war, wurde ich immer wieder gefragt, ob ich nicht full-time, als Angestellter, für Pearl arbeiten möchte. Doch neben einigen grundlegenen Aspekten, die meinerseits gegen ein derartiges Angestelltenverhältnis gesprochen haben, war es in erster Linie die Höhe des Gehalts, wo unsere Vorstellungen so weit auseinanderliefen, dass hier keine Chance auf eine Einigung bestand.

Im Frühjahr 1996 wurde ich bei einem meiner Besuche in den Räumlichkeiten von Pearl vom Geschäftsführer erneut darauf angesprochen, ob ich mir eine Tätigkeit als Angestellter vorstellen könne. Zum wiederholten Male erklärte ich dem Herrn Ludwig, dass ich angesichts der Diskrepanz bzgl. des Gehalts keine Chance für eine entsprechende Übereinkunft sehe.

Bis zu diesem Zeitpunkt fühlte ich mich durch derartige Avancen ‘gepauchpinselt’. Immerhin hiess das ja, dass man mit meiner Arbeit sehr zufrieden ist – und ich war stolz, gute Arbeit abzuliefern.
An diesem Tag jedoch wurde mir klar gemacht, dass ich keine weiteren Aufträge erhalte. Die einzige Form einer möglichen weiteren Zusammenarbeit mit mir, bestand aus Sicht der Geschäftsleitung darin, mir eine Festanstellung zu bieten. Und zwar zu den bislang geäusserten Konditionen, die allerdings für mich inakzeptabel waren.

Darüber hinaus waren Form und Inhalt dieses ‘unmoralischen Angebots’ eindeutig erpresserischer Natur – und ich lasse mich nun mal nicht erpressen.

Die Zeiten waren damals für mich nicht einfach. Meine anderen Geschäftsbereiche warfen zu diesem Zeitpunkt gerade genügend Geld ab, um mehr schlecht als Recht über die Runden zu kommen. Doch ich war zuversichtlich ‘etwas Neues an Land zu ziehen’. Schlimmstenfalls würde ich meine Immobiliensoftware mit einigen Features aufpeppen und das Update an die Bestandskunden verkaufen …

Knapp drei Wochen später erreichte mich dann völlig überraschend ein Schreiben der Firma Pearl.
‘Was mag da wohl drinstehen?’ überlegte ich, während ich mir einen Kaffee einschenkte und das vertraute Logo betrachtete. Hatte Herr Ludwig noch einmal über mein Gehalt nachgedacht? Brauchte man dringend eine Übersetzung von mir?

Mitnichten.

Der Brief war eine ganz üble Rechnung. Die Hardware, die ich in den zurückliegenden Monaten von Pearl als ‘Entgeltersatzleistung’ erhalten hatte, um meine minimale Gage zu kompensieren wurde mir nun Stück für Stück in Rechnung gestellt.

Das war verdammt hart. Denn erstens gab es natürlich keinen schriftlichen Vertrag über diese Form der Vergütung (auch wenn ich den Empfang der erhaltenen Ware jedes Mal per Unterschrift quittieren musste). Zweitens hatte ich schlicht und einfach kein Geld in Reserve, um diese völlig unerwartete Rechnung von knapp 8.000 DM zu bezahlen. Drittens hat die Firma Pearl mit Gunther Freiherr von Gravenreuth einen Anwalt mit maximal üblem Ruf in der Branche beschäftigt, so dass eine gerichtliche Auseinandersetzung über den Streitwert aus meiner Sicht höchst unerwünscht war.

Betriebswirtschaftlich kam diese Rechnung einer Katastrophe gleich, da diesen Aufwendungen, die ich nun völlig ungeplant tätigen musste, kein Erlös mehr gegenüberstehen würde. Die Hardware war ja bereits verkauft.

Um hier keinen Ärger mit der berühmtberüchtigten Anwaltskanzlei von Pearl zu bekommen, verkneife ich mir zur Abwechslungen die Beleidigungen, die mir im Zusammenhang mit der Firma Pearl und diesen Ereignissen auf der Zunge liegen.

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-m*sh- [reality inside]

  1. Trithemius says:

    Oje, was für eine Erfahrung. Danke, dass du sie einmal aufgeschrieben hast, denn sie ist beispielhaft. Meist glaubt man gar nicht, auf welche Ideen die Herrschaften kommen.
    Sag mal, wäre es nicht besser, die Klarnamen zu ändern?

    • sha-mash says:

      Ja, war echt heftig.
      Aber wieso sollte ich die Klarnamen aendern? Die richtig üblen Dinge habe ich ja noch nicht einmal erwähnt. Und das obige ist eben das ganz normale Geschäftsgebaren von Pearl…
      -m*sh-

  2. Ich klemme mich noch schnell dazwischen, bevor du weg bist. Habe mein Versprechen gebrochen, ging nicht anders. Verschoben müsste ich es nennen…

    Zur Sache: Wer oder was ist Pearl? Und wo sind die Belege denn geblieben? Starkes Stück. Da hat man wohl extra jemanden beschäftigt, der für die Sanktionen zuständig ist?!

    • sha-mash says:

      Wer oder was ist Pearl? Ich mache ungern Werbung fuer diese Arschloecher!
      Damals war es der weltweit groesste Softwarehaendler. Dazu haben sie sich mit billiger Hardware auf dem Markt des Versandhandels einen Namen gemacht.

      Beleg gab es wie gesagt nur dafuer was ich bekommen habe, nicht dafuer, was ich geleistet habe.
      Der fuer die Sanktionen Zustaendige war der Boss.
      Der Anwalt (GvG) macht seit Anfang der 90er in der IT Branche Negativschlagzeilen. Erst letzte Woche wieder zwei Mal.
      Abmahnanwalt uebelsten Kalibers und selbst auch nicht hasenrein.
      -m*sh-

      • Machst ja keine Werbung!
        Weißt du, fahr einfach mit dem großen Schwamm drüber und hake es als Lehrgeld ab.

        • sha-mash says:

          Das tue ich. Ist ja lange genug her. Sonst koennte ich da auch nicht drueber schreiben. Schlimm finde ich nur dass das Unternehmen und dessen Anwalt nach wie vor nicht aus den einschlaegigen Negativschlagzeilen rauskommen und denen niemand das Handwerk legt.
          Ich hab’ damals ja gute Gruende gehabt (vom Gehalt abgesehen) dort nicht als Angestellter zu arbeiten.
          -m*sh-