Weihnachtsmarkt

Posted: 30th November 2006 by mash in allgemein, Geocaching
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Obwohl wir bereits vor sechs Jahren einmal auf dem Weihnachtsmarkt waren, quengelten die Kids seit Tagen, und loecherten uns mit der Frage, wann wir denn endlich wieder einmal auf den Weihnachtsmarkt gehen.


Nach tagelangen Krisensitzungen, die bereits am Wochenende begann und heute abrupt beim zweiten Fruehstueck endeten, liess sich Ela breit schlagen und gab nach.
“Okay, dann gehen wir eben auf den Weihnachtsmarkt”, erklaerte sie gepresst und zog die Mundwinkel nach unten.

“JUUHUUUHUUUU!!” Beide Kinder sprangen von ihren Stuehlen und tanzten durch die ganze Wohnung.
“Bist du noch bei Trost?” zische ich rhetorisch meine Lebensgefaehrtin an. “Weisst Du wie viele Wahnsinnige da rumrennen und was fuer ein Gedraenge das ist?” fuege ich noch hinzu.

Ela loeffelt schweigend ihr Ei zu Ende, daher schiebe ich noch ein paar Argumente nach: “Die Stellen da ganze Buedchen auf und verkaufen sinnlose Sachen die schoen hindekoriert werden und die Kinder wollen es dann kaufen …”
“Quatsch!” holt mich Ela auf den Boden der Tatsachen zurueck. “Da gibt es nur Lametta, Kerzen und Christbaumkugeln – was sollen die Kinder damit anfangen?”

Einen Moment lang denke ich ueber diesen Satz nach und muss ihr schliesslich Recht geben. Kerzen kann man immer brauchen und den Rest nie. Mit ein wenig Glueck kommen wir mit zwei Kilo voellig ueberteuerter Kerzen nach Hause – und somit halbwegs ungeschoren aus der Nummer wieder raus.

Wenige Sekunden spaeter sind T1 und T2 komplett gestylt zureuck in der Kueche. T1 traegt einen hellblauen Minirock mit einem weissen Spaghettitraeger-Top und ebenso weissen Pumps. T2 hat sich fuer Hot-Pants und ein extrem weit ausgeschnittenes Schlabber-T-Shirt entschieden, bei dem die Haelfte rauszufallen droht und das auf den ersten Blick nur noch von dem handbreiten Guertel ueber der Taille zusammengehalten wird.
Im Gegensatz zu ihrer Schwester hat sie noch ein wenig Rouge aufgelegt und einen metallic-blauen Lidschatten mit Glitzereffekt ueber den Augen verteilt.
Okay, denke ich. Woher sollen die Maedels auch wissen, wie man sich fuer Weihnachten adaequat anzieht. Wir haben noch nie Weihnachten gefeiert und werden das auch nicht tun. Geschenke bekommen die Maedels auch nie und je laenger ich darueber nachdenke, desto mehr goenne ich den Kindern den Spass und finde Elas Entscheidung richtig.
Zumindest bis zu dem Moment, in dem Ela sagt, dass sie einen Termin beim Frauenarzt hat und ich sie dort ja einfach absetzen koenne, waehrend ich mit den Kindern den Weihnachtsmarkt besuche.

!

Bevor ich mich vom nun einsetzenden Schock erholt habe, finde ich mich im Auto wieder. Die Kinder sind total aufgedreht und nachdem wir Ela abgesetzt und einen Treffpunkt vereinbart haben, kreise ich parkplatzsuchenderweise durch Downtown Freiburg. Nach zehn Minuten gebe ich auf und steuere das erstbeste Parkhaus an.
(Nein ich schreibe jetzt nichts ueber die horrenden Parkhauspreise, sonst rege ich mich nur auf.)

Die beiden Maedels sind kaum zu bremsen. Sie zerren mich an der Hand zum Rathausplatz, wo es schon von weitem nach verbranntem Zucker stinkt. Und schon sehen wir die ersten dieser kleinen Holzhaeuschen, die aussehen, wie ein IKEA-Kinderzimmer. Damit meine ich jetzt weniger das helle Fichtenholz, aus dem die Buden gefertigt sind, sondern das Spielzeug, das dort ueberall herumfaehrt und offensichtlich verkauft werden soll.
“Oh -schoen”, jauchzt T2.
“Geil, schau mal hier!” ruft T1 und deutet mit der Hand auf ein Holzpuzzle fuer Vierjaehrige.
Nach einer knappen Viertelstunde haben wir die ersten beiden Staende hinter uns gebracht.
Die Maedels sind voellig aus dem Haeuschen und verlangen nach Zuckerwatte.
Ich kann dem Zeug zwar ueberhaupt nichts abgewinnen, aber wahrscheinlich gehoert es dazu und so kaufe ich eine rote Wolke mit Himbeergschmack und eine sandfarbene mit Bananengechmack. Ich setze darauf, dass die Maedels mit dem klebrigen Zeug in der Hand nun nicht mehr jedes Teil in der Auslage der Buedchen anfassen – weit gefehlt.
“Freust du dich denn gar nicht?” will T2 ploetzlich von mir wissen.
“Nein.”
“Warum denn nicht? Es ist doch soooo schoen hier.”
Ich atme tief durch. Will den Maedels ja nicht den Spass verderben.
“Ja”, luege ich brav, “es ist sehr schoen hier.”
“Och komm.” T2 zerrt mich weiter zum naechsten Stand. “Schau doch mal das schoene Lametta, das gibt es hier in allen Farben, ich will das pinkfarbene.”
“Was sollen wir denn mit Lametta?” will ich wissen.
“Wir koennten die Wohnung schmuecken”, kommt die prompte Antwort.
Dieses mal bin ich es der die Kinder weiterzieht. Dabei bekomme ich total klebrige Haende und steuere auf den Brunnen in der Mitte des Rathausplatzes zu. Saudummerweise hat der Brunnen natuerlich kein Wasser mehr. Vermutlich hat in der Stadtverwaltung der Oeko-Hauptstadt kein Schwanz damit gerechnet, dass die Klimakatastrophe so frueh einsetzt. Ein Display ueber einer Gaststaette zeigt 21°C. Vor der Kneipe stehen ein paar Tische und Stuehle neben den fuer Freiburg typischen Palmen.
Die Kinder haben sich laengst aus meinen Haenden befreit und bringen gerade die Auslage eines weiteren Stands mit Holzspielzeug in Unordnung.

Schnell schnappe ich mir einen der freien Tische und beschliesse den Besuch des Weihnachtsmarktes hier und jetzt zu beenden. Die Sonne bretzelt mir ins Gesicht. Hin und wieder erkenne ich die Kinder, die zwischem den ansonsten als Weihnachtsmaenner verkleideten uebrigen Besuchern des Marktes hin- und herwuseln und bestelle mir einen Caipirinha.

Der Caipi wird prompt serviert und ich ruecke den Stuhl ein wenig zurecht, so dass ich auch etwas vom Schatten der Palme neben mir abbekomme. ‘Eigentlich ist so ein Weihnachtsmarkt gar nicht uebel’, denke ich waehrend ich mir eine Zigarette drehe und anschliessend einfach das mediterrane Flair geniesse.

Als der dritte Caipi kommt haben die Kinder offenbar genug. Da meine Haut im Gesicht nun ein wenig spannt, gebe ich den Beiden noch zehn Euro und beauftrage sie, mir in der Apotheke um die Ecke eine Tube Sonnencreme zu kaufen.


“Du faehrst”, sage ich zu Ela, als wir sie am vereinbarten Treffpunkt abholen und druecke ihr den Autoschluessel in die Hand.
“Wie war’s? hat es Euch gefallen?” will sie wissen.
“Echt super! War ein richtig schoener Nachmittag”, erklaere ich enthusiastisch und fuege noch hinzu, “das naechste Mal musst du unbedingt mitkommen.”

Auf der Rueckfahrt haben wir schon ausgemacht, dass wir am Samstag noch mal auf den Weihnachtsmarkt gehen. Dann aber mit oeffentlichen Verkehrsmitteln. Ela soll ja auch ihren Spass haben.

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-m*sh-

  1. deleted user says:

    Die Weihnachtsmänner haben aber auch nichts zu lachen, bei der Hitz da in voller Montur herumzulaufen.
    Ich dachte, du bist Weihnachtsverweigerer und willst sogar jetzt deine Wohnung mit Lametta schmücken? Das haut mich um!

    • sha-mash says:

      Wir haben das Lametta ja gar nicht gekauft 🙂
      -m*sh-

      • deleted user says:

        Ich versteh, das Budget dafür ging vernünftiger Weise in Caipirinha auf.
        Aber es ist noch nicht aller Tage Abend. Vier Wochen musst du noch durchhalten (trinkender Weise) und morgen bist du ja wieder dort.

        • sha-mash says:

          Ja und ich freu mich schon drauf. Man koennte sich fast daran gewoehnen unter Palmen zu sitzen und Caipis zu trinken, wenn der Veranstalter dort wenigstens noch einen Pool aufstellen wurde oder so …
          Weiss jetzt aber auch nicht, an wen man sich da wendet. Meinst Du da ist der Pfarrer zustaendig? Dieses Weihnachten kommt ja urspruenglich von einer kleinen aramaeischen Sekte…
          -m*sh-

          • deleted user says:

            Ja, wenn du den Pfarrer von der Sekte auftreibst, dann frag ihn doch. (Ich dachte der Baum hat heidnischen Ursprung. Jetzt kenn ich mich gar nicht mehr aus)
            Aber mein Lieber: nimm doch einfach dein aufblasbares Pool mit, die Badeshorts, Sonnenhut und alles ist gut.

            Und ich sag dir was, so wie Weihnachtsmärkte teilweise aufgebaut sind, nämlich mit Fress- und Saufbuden, wieso nicht auch ein kleines Planschbecken wo sich die Eltern untereinander vergnügen können, während sich die kids mit Zuckerwatte den Magen verpicken.
            Es soll einem nichts erspart bleiben. Man muss von allem haben und das doppelt so viel.

          • sha-mash says:

            Du hast latuernich voellig recht. Der herkoemmliche Weihnachtsmarkt ist trotz seines Namens ueberhaupt nict an die Gegebeneheiten des Marktes angepasst.
            Weihnachtsmarkt 2.0 tut Not.
            Ich schreib jetzt mal der PR-Abteilung der Landeskirche einen Brief.
            Statt Stall und Krippe – Pool-Bar und Lambada.
            Statt rotem Mantel – Bademode von Chevignon.
            Statt wallendem Bart – Gillette Mach III; fuer das Beste im Weihnachtsmann.

            -m*sh-

          • deleted user says:

            Weihnachtsmarkt 2.0 – kicher! Und wo ist der Bug dabei?

          • sha-mash says:

            Der Bug ist das Gegenteil vom Heck – beim Schiff auch Achtern genannt; mathematisch ist der Kehrwert von Acht ein Achtel. Insofern muss man den Weihnachtsmann Vierteilen und den Markt in zwei Haelften aufteilen: Pool & Bar
            -m*sh-

          • deleted user says:

            Was für eine wunderbare Sauerei!

          • sha-mash says:

            Tja, Panem et Circenses, wie der Lateiner zu sagen pflegt.
            -m*sh-

  2. Ihr feiert wirklich kein Weihnachten? Warum?
    Freiburg ist toll, habe mal in Titisee-Neustadt und danach in OG gewohnt, in Freiburg gabs derzeit so eine abgefahrene Kellerdisco da sind wir dann immer hin.

    • sha-mash says:

      Warum sollten wir Weihnachten feiern?

      Ja, Freiburg ist schoen, wenn gerade kein Weihnachtsmarkt ist und nicht so viele Touristen in der Stadt sind.

      Da gab es mehrere Kellerdiscos. Punkt, Crash, Exit und noch mal eine, deren Namen ich grad nicht mehr weiss.
      -m*sh-

      • Ich glaub Exit war`s. Finstere Gestalten aber gute Lala. Überall mit Gittern getrennt die Räume, ansonsten spartanisch.
        Warum ihr Weihnachten feiern sollt? Ich weiß nicht, weil man Weihnachten feiert eben. Weil der Baum schön aussieht und das Essen besonders ist. Weil sich die Kinder niemals so schön darum streiten wer das beste Geschenk bekommen hat. Weil Weihnachten ist halt.

        • sha-mash says:

          Musik aendert sich auch regelmaessig in den Freiburger Szenetreffs…

          Tja, Weihnachten muss ela immer arbeiten. dieses Jahr vom 23.-27. einschliesslcih. Und da sie immer Nachtdienst macht und tagsueber schlaeft is’ sowiso nicht viel anderes angesagt.
          Daher: Kein Baum, kein Schmuck, keine Geschenke. Macht nr unnoetig Arbeit.
          -m*sh-

  3. Schade aber eigentlich! Sorry ich fülle hier grad Kalender, will gar nicht enden.